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Blasenschwäche – Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
Niesen, lachen, Sport treiben oder Sex haben – für Menschen mit Blasenschwäche bedeuten diese Momente vor allem eines: den unkontrollierten Verlust von Urin.
15.04.2024
15 min
Niesen, lachen, Sport treiben oder Sex haben – für Menschen mit Blasenschwäche bedeuten diese Momente vor allem eines: den unkontrollierten Verlust von Urin. Schätzungen zufolge leiden rund 30 Prozent aller Frauen nach den Wechseljahren und rund 10 Prozent der Männer an Harninkontinenz, die Dunkelziffer dürfte noch höher sein. Und doch ist das Thema bis heute ein Tabu, den meisten Menschen ist es unangenehm, darüber zu sprechen. Dabei bedeutet ein offener Umgang mit Blasenschwäche (Inkontinenz) auch die Möglichkeit, sich Hilfe zu holen, die Blasenschwäche zu heilen oder zumindest die Symptome zu reduzieren und damit die Lebensqualität deutlich zu verbessern. Denn es gibt viele verschiedene Möglichkeiten und Methoden, Blasenschwäche erfolgreich zu behandeln.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Blasenschwäche?
- Ursachen von Blasenschwäche
- Behandlung von Blasenschäche
- Vorbeugung von Blasenschwäche
Was ist eine Blasenschwäche?
Von einer Blasenschwäche, auch Harninkontinenz genannt, spricht man, wenn Urin nicht mehr in der Blase gespeichert werden kann und es in diesem Zusammenhang zu ungewolltem und unkontrolliertem Urinverlust kommt, von wenigen Tröpfchen bis hin zu grösseren Mengen. Der Begriff „Blasenschwäche“ ist dabei ein wenig irreführend, denn die Blase an sich ist für die Inkontinenz nicht verantwortlich. In der Medizin werden die Begriffe Harninkontinenz oder Urininkontinenz verwendet.
Nicht zu verwechseln ist Blasenschwäche mit einer Reizblase, bei der die Betroffenen auch bei kleinsten Mengen Urin ständig das Gefühl haben, auf die Toilette gehen zu müssen. Diese Erkrankung wird allerdings zuweilen auch von einer Dranginkontinenz begleitet.
Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz, die teilweise auch unterschiedliche Ursachen haben können:
Belastungsinkontinenz
Wenn beim Niesen, Husten, Lachen, Sport treiben, Anheben von schweren Dingen oder auch beim Sex ungewollt Urin abgeht, leiden die Betroffenen an einer sogenannten Belastungsinkontinenz. Der Urinverlust entsteht, durch den hohen Druck auf die Blase. Früher wurde diese Art der Inkontinenz auch „Stressinkontinenz“ genannt. Dabei war unter „Stress“ keine psychische, sondern die körperliche Belastung gemeint. Von Belastungsinkontinenz sind vor allem Frauen betroffen, die an einer Schwächung des Beckenbodens leiden.
Dranginkontinenz
Patienten mit dieser Art von Inkontinenz fühlen einen plötzlichen Drang, Urin lassen zu müssen, auch wenn die Blase kaum gefüllt ist. Dabei können sie den Urin in den meisten Fällen nicht lange genug halten, um es auf die nächste Toilette zu schaffen. Dranginkontinenz ist oft auch ein Symptom einer Reizblase (überaktive Blase), die andere Ursachen hat als Blasenschwäche.
Mischinkontinenz
Patienten mit einer Mischinkontinenz leiden sowohl unter einer Belastungs- als auch Dranginkontinenz.
Weitere Inkontinenz-Formen
Darüber hinaus gibt es noch weitere Formen der Inkontinenz, die im Vergleich zur Blasenschwäche viel seltener vorkommen:
- Inkontinenz mit Harnverhalt (Überlaufinkontinenz): Es findet keine vollständige Blasenentleerung statt, der Urin fliesst unkontrolliert so gut wie ständig ab. Patienten mit dieser Störung der Blasenfunktion leiden meist an einer neurologischen Grunderkrankung wie Demenz, Parkinson oder Multipler Sklerose.
- Reflexinkontinenz (neurogene Harninkontinenz): Bei voller Blase setzt kein Harndrang ein, die Blase entleert sich selbstständig. Ihre Ursache hat die Reflexinkontinenz in einer gestörten Impulsübertragung zwischen Gehirn bzw. Rückenmark und der Blase.
- Extraurethrale Inkontinenz: Der Harnverlust findet nicht über die Harnröhre, sondern über die Haut, den Anus oder die Scheide statt. Die Ursache hierfür sind Fisteln zwischen der Blase und dem jeweiligen Organ.
Ursachen von Harninkontinenz
Blasenschwäche kann unterschiedliche Ursachen haben, die häufigsten sind ein geschwächter Beckenboden und/oder hormonelle Veränderungen nach den Wechseljahren. Deshalb sind auch Frauen viel öfter von einer Blasenschwäche betroffen als Männer.
Das wiederum hat ebenfalls verschiedene Gründe: Zum einen ist der Beckenboden bei einer Frau von Natur aus etwas kleiner als bei Männern. Zum anderen muss er aber ggf. mehr aushalten: Schwangerschaften und Geburten belasten den Beckenboden, so dass er den Beckenorganen keinen richtigen Halt mehr geben kann. So haben ca. 20 Prozent der Mütter nach einer vaginalen Geburt Probleme mit Harnverlust. Doch auch ohne Geburten sind Patientinnen mit schwachem Bindegewebe oft von Harninkontinenz aufgrund einer Schwächung des Beckenbodens betroffen.
Bei Männern sind vor allem Erkrankungen der Prostata (gutartige Tumore, Krebs) oder Operationen im Bauchraum für Harninkontinenz ursächlich.
Übergewicht und chronischer Husten (z.B. bei COPD) sowie chronische Verstopfung, die zu ständigem Pressen führt, können bei Frauen wie Männern zu einer übermässigen Belastung des Beckenbodens führen, die in einer Blasenschwäche enden kann. Ausserdem können Blasen- oder Harnleitersteine, andere Erkrankungen oder Infekte der Harnwege, bestimmte Medikamente, Unterleibsoperationen oder neurologische Erkrankungen zu Harninkontinenz führen.
Behandlung von Blasenschwäche
Die gute Nachricht vorweg: In nahezu allen Fällen lässt sich eine Blasenschwäche behandeln. Deshalb raten wir allen Betroffenen, sich bereits bei ersten Anzeichen einer möglichen Inkontinenz vertrauensvoll an den Hausarzt oder Frauenarzt zu wenden, um die Ursache für die Erkrankung zu finden und sie damit erfolgreich zu behandeln. Es gibt keine pauschale Therapie, so dass für jede Frau eine individuelle Behandlung gefunden werden muss – und auch kann.
Zu allererst wird versucht, die Blasenschwäche mit konservativen Mitteln zu behandeln. Dazu gehören:
- Beckenboden-Training: In Begleitung von einem Physiotherapeuten werden Übungen durchgeführt, die den Beckenboden stärken und damit die häufigste Ursache für Belastungsinkontinenz eliminieren können.
- Blasentraining: Bei Dranginkontinenz ist ein Blasentraining hilfreich. Die Toilettengänge werden nach einem bestimmten Plan vorgenommen, der Harndrang bewusst so lange verdrängt, bis die Blasenentleerung nach Plan stattfinden kann. Dadurch wird dem Organ seine Funktion wieder „anerzogen“.
- Gewichtsreduktion im Falle einer von Übergewicht hervorgerufenen Inkontinenz.
- Änderungen im Alltag: Betroffene sollten zum Beispiel keine stark harntreibenden Getränke (Kaffee, schwarzer Tee, aber auch Fruchtsäfte und Getränke mit Kohlensäure) mehr zu sich nehmen, chronischen Husten behandeln lassen oder weniger schwer heben. Wer sportlich ist, sollte lieber Yoga machen, schwimmen oder Rad fahren statt z.B. zu joggen oder Tennis zu spielen, denn die Erschütterungen bei diesen Sportarten schwächen den Beckenboden zusätzlich.
- Hat die Blasenschwäche ihre Ursache in der Veränderung des hormonellen Haushalts, sind östrogenhaltige Medikamente oft eine erfolgreiche Behandlungsmethode.
Reichen diese Massnahmen nicht aus, gibt es weitere Möglichkeiten der Behandlung:
- Mit Inkontinenztampons oder Scheidenpessaren kann der Druck auf die Harnröhre erhöht werden, die dadurch gestützt wird. Diese Hilfsmittel bestehen aus Silikon, Naturkautschuk oder Kunststoff und können von Ihnen selbst oder von Ihrem Frauenarzt/Frauenärztin eingesetzt werden.
- Medikamente mit Wirkstoff Duloxetin helfen bei Belastungsinkontinenz. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie teils starke Nebenwirkungen haben und dauerhaft eingenommen werden müssen. Bei Dranginkontinenz kommen Anticholinergika in Frage, die allerdings ebenfalls starke Nebenwirkungen haben.
Patientinnen, deren Lebensqualität sehr stark unter der Blasenschwäche leidet und bei denen die oben genannten Behandlungsmethoden nicht anschlagen, wird meist eine Operation empfohlen.
Die Standard-OP ist das Anbringen eines „tension-free vaginal tape“: eines Kunststoffbändchens, das um die Harnröhre gelegt wird und anschliessend einwächst. Damit wird der Blasenverschluss gestützt und der Harnverlust dauerhaft in Schach gehalten.
Ist die Senkung des Beckenbodens die Ursache für die Blasenschwäche, kann ein Kunststoffnetz implantiert werden, das die Beckenorgane zusätzlich stützt.
Im invasiven Bereich stehen noch weitere, zum Teil noch sehr moderne und damit nicht oft eingesetzte Methoden zur Verfügung, die aber immer öfter empfohlen werden:
- Gelimplantate zur Aufpolsterung und damit einhergehenden Stützung der Harnröhre
- Lasertherapie zur Anregung von Kollagenbildung, damit die Harnröhre besser gestützt wird
- Botox-Spritzen bei Dranginkontinenz zur Stärkung des Blasenmuskels
- Einsetzen eines künstlichen Harnblasenschliessmuskels
Vorbeugung von Blasenschwäche
Da sehr viele Frauen im Laufe ihres Lebens an einer Harninkontinenz erkranken, ist es sinnvoll, ihr vorzubeugen, was auch durchaus möglich ist:
- Ausreichend trinken ist immer das A und O – nur dann werden die Harnwege gut durchgespült und werden in ihrer Funktion nicht gestört.
- Sanfte Sportarten wie Yoga oder Pilates stärken den Beckenboden, doch auch regelmässige Spaziergänge sind bereits eine gute Möglichkeit, den Unterleib fit zu halten.
- Beckenbodentraining im Allgemeinen sollte von jeder Frau ab 25 Jahren erwogen werden, denn ungefähr ab diesem Alter baut die Muskulatur ab.
- Rückbildungsgymnastik nach der Geburt hilft dem Beckenboden dabei, zu seiner alten Form und Kraft zurückzukehren.