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Zwei 12'000-Liter Tanks heben die Lohnproduktion auf ein neues Level
Die Einführung der 12'000-Liter-Tanks bei der Hänseler Swiss Pharma ist ein Meilenstein für das Unternehmen als pharmazeutischer Lohnhersteller. Ein Interview mit Karl Geisser und Dr. Dominique Schreiber.
18.07.2024
20 min
Mit der Anschaffung von zwei Grosstanks mit je 12'000 Liter Fassungsvermögen bringt die Hänseler Swiss Pharma ihre massgeschneiderte Lohnherstellung auf ein neues Level – auch für komplexe Herstellungsverfahren mit brennbaren Flüssigkeiten unter inerten Bedingungen.
Im Gespräch im Anschluss geben Projektleiter und Entwicklungsingenieur Karl Geisser und Leiter Herstellung Dr. Dominique Schreiber Einblicke in die Herstellung und Nutzung der Neuanschaffungen.
Im Gespräch im Anschluss geben Projektleiter und Entwicklungsingenieur Karl Geisser und Leiter Herstellung Dr. Dominique Schreiber Einblicke in die Herstellung und Nutzung der Neuanschaffungen.
Die Hänseler Swiss Pharma macht einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft: Mit der Anschaffung zweier hochmodernen 12'000-Liter-Tanks hat das Unternehmen aus Herisau seine Fähigkeit zur effizienten Lohnherstellung massgeblich erweitert – zumindest im Vergleich zu der bisherigen maximalen Chargengrösse von 2'000 Litern. «Diese Tanks sind ein Game-Changer in der pharmazeutischen Produktion am Standort. Sie ermöglichen uns, grossvolumige Aufträge abzuwickeln», erklärt Dr. Dominik Hauser, CEO von Hänseler Swiss Pharma.
Mit einer beeindruckenden Gesamtkapazität von 24'000 Litern setzt Hänseler neue Massstäbe in der Lohnherstellung. Die Produktion erfolgt unter GMP-Qualitätsstandards: Jeder Schritt in der ganzen Wertschöpfungskette wird geprüft, vom Rohstoff-Lieferanten über den Rohstoff selbst, bis hin zur Veredelung im eigenen Haus.
Die Inbetriebnahme der neuen Tanks geht Hand in Hand mit dem Neubau in Herisau. Der Neubau verdoppelt die bisherigen Herstellkapazitäten. So wird Raum geschaffen für die Anschaffung von Prozessanlagen. Beispielsweise eine hochmoderne Abfüll- und Verpackungslinie für Flüssigkeiten, inklusive Serialisierung von Fertigarzneimitteln. In diesem Zusammenhang versteht Hänseler Swiss Pharma die Tanks als Symbol für Exzellenz und technologischen Fortschritt am Pharmastandort Schweiz.
Grösser gedacht, doch nicht minder flexibel
Trotz der Grösse der Tanks bieten die Neuanschaffungen mit variablen Chargengrössen von 3'000 bis 12'000 Litern Flexibilität für massgeschneiderte Lösungen. Sind kleinere Mengen gewünscht, kommen kleinere Tanks wieder ins Spiel, bei der eine Charge ab 0,5 Litern möglich ist. Die Herstellung von Mischungen in Form von Wirkstoffen und Arzneimitteln sind sowohl aus flüssigen und soliden Ausgangsstoffen möglich.
Nach der Herstellung bietet Hänseler Swiss Pharma Gebinde mit einem Fassungsvermögen von 10 ml bis 1'000 Litern an und kann so diversen Kundenwünschen gerecht werden. Die Abfüllung geschieht je nach Auftragsgrösse und Dringlichkeit manuell, halbautomatisch oder vollautomatisch in kundenspezifische Behälter und Umverpackungen.
Auch für empfindliche Produktionen konzipiert
Der Handel von Rohstoffen und deren Veredelung zu Wirkstoffen ist nicht nur der Ursprung von Hänseler Swiss Pharma, sondern auch die Kernkompetenz des Schweizer Unternehmens – auch in der Grossproduktion. Mit stolzem Zugang zu über 3'000 Rohstoffen sind in der Lohnherstellung auch in den neuen Tanks von kleinen bis mittleren Chargengrössen viele Möglichkeiten vorhanden. Angeboten wird in den Tanks unter anderem die Herstellung von wässrigen und ethanolischen Lösungen sowie zahlreiche Tinkturen. «Die Tanks sind sehr vielseitig einsetzbar, sowohl für die Herstellung pflanzlicher Arzneimittel, eine unserer Kernkompetenzen, wie auch für Neuentwicklungen und Prozesstransfers für unsere Industrie Kundenprojekte», ergänzt Dr. Dominique Schreiber, Leiter Herstellung bei Hänseler Swiss Pharma. Ist eine Produktion abgeschlossen, ermöglicht das vollautomatische, validierte Reinigungsverfahren einen raschen, effizienten Wechsel von einem Produkt zum anderen, ohne Risiko jeglicher Kontamination.
Tinkturen in grossen Mengen
Die Einführung der 12'000-Liter-Tanks bei der Hänseler Swiss Pharma ist ein Meilenstein für das Unternehmen als pharmazeutischer Lohnhersteller. «Die beiden 12'000-Liter-Tanks sind als Teil der gross angelegten Kapazitätserweiterung von Hänseler Swiss Pharma zu verstehen» so Dr. Schreiber. Die Produktion pharmazeutischer Produkte in Grosstanks zeigt, dass Quantität nicht mit dem Verlust von Qualität einhergeht. Auch feinste Kamillen- oder Opiumtinkturen kann Hänseler Swiss Pharma heute in industriellen Mengen unter GMP/GDP Bedingungen herstellen und ausliefern.
Im Gespräch
mit Projektleiter und Entwicklungsingenieur Karl Geisser und Leiter Herstellung Dr. Dominique Schreiber.
Karl Geisser, Sie waren als Projektleiter und Entwicklungsingenieur federnführend in der Tank-Beschaffung. Was waren die Beweggründe für diese Neuanschaffung?
Geisser: Den Prozess losgetreten hat der Wunsch nach deutlich grösseren Chargengrössen mit den verschiedenen Vorteilen, dass der Wareneingang einfacher wird und der Kunde mit weniger Chargenwechsel im Herstellungsprozess konfrontiert ist. Zuerst war nur ein Tank angedacht. Während der Design-Phase wurde die Anlage um einen weiteren Tank mit gleichem Volumen ergänzt, um grosse Mengen filtrieren zu können.
Bei der Herstellung von Naturextrakten – dem Kerngeschäft von Hänseler Swiss Pharma – ist diese Filtrierung ein notwendiger Prozess, der nur durch einen Transfer in einen zweiten Tank mit gleichem Fassungsvermögen möglich ist.
Synergien wurden erkannt und im Projekt technisch umgesetzt: Man kann zwei Produkte gleichzeitig herstellen, da die zwei Tanks komplett abgeschottet voneinander funktionieren.
Wie geht man an ein solches Projekt heran? Wie baut man einen 12'000 Liter-Tank?
Geisser: Alles startet mit einer Idee und ersten Gesprächen. Steht die Idee fest, wird der Auftrag an das Entwicklungsteam und mich übergeben. In einem ersten Schritt wird dann die Prozesslandschaft skizziert: Was haben wir bereits? Wohin wollen wir? Wo setzen wir uns Grenzen? In diesem speziellen Fall haben wir dann potenzielle Hersteller angefragt und abgeklärt, wie ihre Herangehensweisen aussehen würden. Nach ersten Preisabklärung entscheidet man sich dann für den passendsten Lieferanten und startet in die detaillierte Designphase, um dem Hersteller genaue Vorgaben liefern zu können. Gemäss den Anforderungen der Projektphasen werden situativ die Projektteams zusammengestellt, damit die bestmögliche Kompetenz eingebracht werden kann. Es folgen Diskussionen und Abklärungen zu Risiko, Sicherheit, Prozess und GMP-Tauglichkeit. Erste Umsetzungsrückmeldungen werden geprüft. In der darauffolgenden Realisierungsphase werden die Tanks zum ersten Mal sichtbar, gefolgt von der Inbetriebnahme.
Am Schluss muss die Anlage offiziell freigegeben werden. Im Anschluss werden die Anlage und die Sicherheitssysteme im Rahmen der Qualifizierung auf Herz und Nieren geprüft. Die Reinigungsvalidierung schliesst das aufwändige Prüfverfahren ab. Die Anlage wurde von Swissmedic abgenommen und ist bereit für die Produktion.
Von der internen Freigabe bis hin zur ersten Produktion: Wie viel Zeit liegt da dazwischen?
Geisser: Die Tanks konnten innerhalb von rund 20 Monaten aufgebaut und instandgesetzt werden. Das ist eine gute Zeit und zeigt, dass die Umsetzung solcher Spezialprojekte relativ agil möglich ist.
Mit über 10'000 Litern Fassungsvermögen pro Tank erhöhen die neuen Mischgeräte das Produktionsvolumen von Hänseler Swiss Pharma massiv. Wie profitieren Kundinnen und Kunden von dieser Neuanschaffung?
Schreiber: Die Kundinnen und Kunden profitieren auf zweifache Weise: Zum einen sind wir offener für Anfragen, die über die bisher definierten Chargengrössen von 1000 bis 2000 Litern hinausgehen und bieten heute Chargengrössen bis 2x 12'000 Litern an. Dadurch können wir noch flexibler auf Kundenwünsche eingehen. Zweitens können wir Aufträge, die wir zuvor einzeln und in kleineren Mengen hergestellt haben, heute in grossen Mengen herstellen. Das ist ein zeitlicher Vorteil und schlussendlich auch kostengünstiger für Kundinnen und Kunden.
Die Tanks sind aufgebaut, die zuführenden Leitungen installiert und angehängt und das Rührwerk ist bereit. Für welche Kundinnen und Kunden ist die Produktion in den Grosstanks nun besonders interessant?
Schreiber: Die Tanks sind die logische Erweiterung unserer bisherigen Kernkompetenzen in der Herstellung pflanzlicher Arzneimittel. Lukrativ sind Produktionen in den Tanks insbesondere für Industriekunden, die Flüssigprodukte von uns beziehen möchten, weil da von Grund auf grössere Absatzmengen gegeben sind. Dank der neuen Tanks können wir solche Grossaufträge heute in Bezug auf die Machbarkeit, die Dauer der Herstellung, und die Kosten flexibler offerieren.
Die Mischtanks können liquid-liquid und liquid-solid mischen. Wo stossen die Riesentanks an ihre Herstellungsgrenzen?
Schreiber: Die Tanks sind sehr vielseitig einsetzbar. Besonders geeignet sind sie für die Herstellung von wässerigen und ethanolische Lösungen wie verschiedenste Tinkturen und Extrakten. Fest-flüssig-Produkte sind ebenfalls möglich, jedoch müssen Pulvermischungen hierfür zuerst in kleineren Tanks aufgelöst werden, bevor sie dem grossen Tank zugefügt werden, da die Grosstanks aktuell noch über keinen Feststoffeintrag verfügen. Ein Konzept für eine mögliche Nachrüstung ist aber bereits ausgearbeitet.
Geisser: In den Tanks können zurzeit keine honigartigen Flüssigkeiten – also Flüssigkeiten mit hoher Viskosität – gemischt werden. Bestände hierfür in Zukunft Bedarf, müsste und könnte das geprüft werden.
In den Tanks kann unter inerten Bedingungen produziert werden. Wie funktioniert dieser Prozess in den Grosstanks und warum ist er so wichtig?
Geisser: Die Inertisierung erfolgt gleich wie in kleineren Tanks. Der Sauerstoff in den Tanks wird durch mehrmaliges Aufpumpen mit Stickstoff gemischt. Durch das anschliessende Entlasten wird der Sauerstoffgehalt in den Tanks minimiert, sodass das Produkt nicht oxidieren kann. Dieser Vorgang ist automatisiert und dauert rund 15 Minuten pro Durchlauf.
Schreiber: Die Inertisierung ist einerseits aus Sicherheitsgründen wichtig, andererseits verhindert sie, dass beim Produkt Oxidationsreaktionen und dadurch Qualitätsverluste entstehen.
Blick ins Gebäude nebenan: Swissmedic soll 2025 den Neubau M von Hänseler abnehmen. In welchem Zusammenhang stehen die 12'000-Liter-Tanks zu diesem Bauprojekt?
Geisser: Die Tanks wurden vorausschauend so installiert, dass sie unproblematisch an den Neubau angeschlossen werden können.